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Training 3: Auswirkungen des Trainings: Wofür trainieren wir?
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Text: Anna Wargel | Sparring: Leon Cassian Hammer | Korrektorat: Judith Begiebing | Stimme: Friederike Niermann |

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Im Sprint

- Trainingsadaptationen können auf morphologischer, metabolischer, endokriner, neuronaler und kognitiver Ebene erfolgen, wobei die Trainingsmodalität (Kraft-, Ausdauer- oder Schnelligkeitstraining) die Anpassungen bestimmt

- Biologische Adaptationen können als reaktiver Prozess anhand des Reiz-Reaktions-Modells der Homöostase und Superkompensation veranschaulicht werden, auf molekularer und zellulärer kommt der Mechanismus der Signaltransduktion zum Tragen

- Kognitive Anpassungen können mit dem Modell der antizipativen Handlungskontrolle erklärt werden und sind Folge der Interaktion zwischen Sportlerin, Aufgabe und Umwelt

A. Adaptation: Main Law of Training

Adaptation im biologischen Sinne bezeichnet die Anpassung eines Organismus beziehungsweise dessen Organe an seine Umwelt. Ändert sich die Umwelt, so ändert sich auch der Organismus, sodass er in dieser Umwelt mit den neuen Bedingungen überleben kann. Jedoch besteht bei zu starken und/oder zu vielen Reizen auch die Gefahr einer Maladaptation, was eine fehlende Anpassung an gegebene Reize beschreibt. Körperliche Aktivität stellt einen starken Stimulus für Adaptationen dar. Um die sportliche Leistung zu verbessern, ist das Hauptziel des Trainings, spezifische Anpassungen zu bewirken (Zatsiorsky et al., 2021).

Die Anpassungserscheinungen können sich auf verschiedenen Ebenen vollziehen:

  • morphologisch (Energiespeicher, Herzmuskel, Muskelquerschnitt)
  • metabolisch (Enzyme, Strukturproteine)
  • endokrin (Hormone)
  • neuronal (Frequenzierung und Rekrutierung der Muskelfaser)
  • kognitiv (taktische Fähigkeiten, Koordination, Wahrnehmung)

Die Anpassungen auf den einzelnen Ebenen vollziehen sich asynchron und unterliegen allgemeinen Gesetzmäßigkeiten.

Seit den 1970er Jahren werden in den meisten Lehrbüchern die Anpassungsvorgänge mit dem Reiz-Reaktions-Modell der Homöostase und der Superkompensation von Jakovlev erklärt (siehe Abb. 1). Dieses Modell besagt, dass sich der Körper in einem funktionalen Fließgleichgewicht (Homöostase) befindet, welches durch einen Trainingsreiz negativ beeinflusst wird. Mit der Zeit stellt sich dieser Zustand wieder her (Regeneration) und steigert sich sogar über das Ursprungsniveau hinaus (Superkompensation). Wird im Zeitraum der Superkompensation ein erneuter Trainingsreiz gesetzt, so kann eine Steigerung des Leistungsniveaus erfolgen, ansonsten fällt es auf das Ausgangsniveau zurück (Deadaptation). Die wissenschaftliche Evidenz dieses Modells beruht jedoch ausschließlich auf Daten zum Muskel- und Leberglykogen, weshalb es nicht geeignet ist, um generalisierte motorische und kognitive Anpassungsvorgänge zu beschreiben.

Abbildung 1: Modell der Homöostase und Superkompensation (nach Müller, 2022)

Um den nicht-linearen Anpassungsprozess auf molekularer und zellulärer Ebene zu beschreiben, hat sich inzwischen der Mechanismus der Signaltransduktion etabliert (Wessner & Wackerhage, 2018). Der zugrundeliegende Prozess ist die Neubildung von Proteinen (Proteinbiosynthese). Dabei registrieren Sensorproteine verschiedene Belastungsreize auf molekularer Ebene (z.B. Änderungen von Calcium, Hormonen, Neurotransmittern) und aktivieren Signalmoleküle, die an der Zellmembran der Zielzelle andocken. Das an Effektorproteine im Zellinneren weitergeleitete Signal bewirkt die Bildung von Molekülen, welche mit der DNA im Zellkern interagieren können. Daraus entstehen neue Proteine, die beispielsweise als Strukturproteine in Bereiche des geschädigten Muskels eingebaut werden können. Die Art der entstandenen Strukturproteine ist abhängig von der Reizsetzung. Während durch Ausdauertraining Proteine zur Neubildung von Mitochondrien, Kapillaren oder Blutzellen synthetisiert werden, zeigt sich durch Krafttraining eine vermehrte Bildung von Proteinen, die in den Muskel eingebaut werden. Da die Reize durch Kraft- und Ausdauertraining unterschiedliche Signalkaskaden aktivieren, die einander hemmen können, kann es zu Leistungseinbußen im jeweils anderen Trainingsinhalt kommen. Die genauen Auswirkungen und deren zugrundeliegenden Mechanismen eines kombinierten Kraft- und Ausdauertrainings sind bisher noch nicht vollständig verstanden. Aus leistungsphysiologischer Sicht ist jedoch eindeutig, dass durch den Wechsel der Trainingsmodi während des kombinierten Trainings die jeweilige Kapazität für hypertrophische Effekte einerseits und trainingsinduzierte mitochondriale Anpassungsreaktionen andererseits im Vergleich zum Training in nur einem Modus reduziert wird. Dies sollte in der Trainingssteuerung berücksichtigt werden (Hawley, 2009).

Die Signaltransduktion wird in der Neurophysiologie auch zur Erklärung von motorischen (technisch-koordinativen) und kognitiven (taktisch-psychologischen) Anpassungen herangezogen, da auch im Gehirn Synthesevorgänge zur Neubildung oder besseren Vernetzung von Nervenzellen ablaufen (Strüder et al., 2016). Da diese Sichtweise jedoch nicht alle zugrundeliegenden und gänzlich unterschiedlichen Auslösemechanismen für die motorischen und kognitiven Adaptationen abbilden kann, grenzen Hohmann et al. (2020) die Anpassungen durch Informationsorganisation von den Anpassungen auf struktureller Ebene ab. Bewegungslernen erfolgt durch ständige Interaktion mit der Umwelt, kennzeichnet also einen Prozess mit aktiven Zügen. Die rein biologische Adaption hingegen ist ein reaktiver Prozess. Insbesondere technisch-taktisches und strategisches Verhalten ergibt sich durch einen Informationsaustausch zwischen Sportlerin, Trainerin und Umwelt. In weitestgehend offenen Spielsituationen mit Hinweisen zur Aufmerksamkeitslenkung ist die Sportlerin gefordert, Entscheidungsprozesse mit zunehmender Komplexität zu bewältigen. Der Abgleich zwischen den erwarteten/antizipierten und realen Handlungsergebnissen ermöglicht der Sportlerin, das eigene Verhalten zu korrigieren und optimieren, was zu einer Verbesserung der Informationsorganisation führt (Modell der antizipativen Handlungskontrolle nach Hoffmann, 1993).

Um das Training zielgerichtet gestalten zu können, ist es wichtig zu wissen, wie sich das Training und die einzelnen Übungen auf den Körper auswirken. Zatsiorsky und Kolleg*innen (2021) unterteilen Trainingseffekte, also Veränderungen, die im Körper als Folge des Trainings auftreten können, wie folgt:

  • akute Effekte: Veränderungen, die während des Trainings auftreten
  • unmittelbare Effekte: treten nach einer einzelnen Trainingseinheit auf und zeigen sich unmittelbar nach dem Training
  • kumulative Effekte: treten als Ergebnis aufeinanderfolgender Trainingseinheiten oder ganzer Trainingsperioden auf
  • chronische Effekte: manifestieren sich über einen bestimmten Zeitraum nach einem durchgeführten Trainingsprogramm
  • partielle Effekte/Teilwirkungen: Veränderungen, die durch einzelne Trainingsbestandteile hervorgerufen werden (z.B. Bankdrücken)
  • Residualeffekte/Restwirkungen: Beibehaltung von Veränderungen nach Beendigung des Trainings über die Zeiträume hinaus, in denen eine Anpassung stattfinden kann

B. Adaptation an Krafttraining

Die Anpassungen durch regelmäßiges Krafttraining äußern sich auf neuronaler und morphologisch-muskulärer Ebene.

B.1 Zentralnervöse Aktivierungsmuster

Die zu Beginn eines systematischen Krafttrainings auftretenden Verbesserungen der Maximal- und Schnellkraftleistung sind auf neuronale Anpassungen zurückzuführen. Bereits ohne morphologische Veränderungen im Muskel können neuronale Adaptationen also zu einer verbesserten Kraftentwicklung führen. Diese beruhen hauptsächlich auf einer verbesserten intra- und intermuskulären Koordination (Sale, 2013).

  • intramuskuläre Koordination
    - Rekrutierung: Anzahl der rekrutierten motorischen Einheiten
    - Frequenzierung: Frequenz der Aktionspotenziale
    - Synchronisation: gleichzeitige Aktivierung der neuronalen Entladung
  • intermuskuläre Koordination
    - Aktivierung von Agonisten und Synergisten
    - reduzierte Koaktivierung der Antagonisten

B.2 Hypertrophie & Hyperplasie

Führt die Sportlerin mehrmals pro Woche ein Krafttraining mit optimaler Reizintensität durch, zeigen sich nach vier bis fünf Wochen erste Veränderungen im Muskel. Die Größe und Anzahl der Myofibrillen vermehrt sich durch eine Einlagerung von Aktin-, Myosin- und Titinfilamenten, wobei die Anzahl der Zellkerne in der Regel unverändert bleibt. Dieser Prozess wird Muskelhypertrophie genannt und ist primär auf eine erhöhte Proteinbiosynthese zurückzuführen (Toigo, 2016b). Grundsätzlich wird zwischen longitudinaler und radialer Faserhypertrophie unterschieden. Bei der radialen Hypertrophie vergrößert sich das Volumen beziehungsweise der Querschnitt einer Muskelfaser, weil die neuen Proteine parallel (radial) zueinander eingebaut werden. Im Gegensatz dazu werden bei der longitudinalen Hypertrophie die synthetisierten Proteine seriell, also hintereinander, eingebaut. Die Länge der Muskelfaser nimmt aufgrund einer erhöhten Anzahl an Sarkomeren zu, während die Länge eines einzelnen Sarkomers abnimmt. Dies begünstigt die maximale Verkürzungsgeschwindigkeit, während durch die radiale Hypertrophie die maximale Kontraktionskraft zunimmt (Toigo, 2016a). Muskelhypertrophie ist auf die folgenden drei grundlegenden Mechanismen zurückzuführen (Schoenfeld, 2016):

  • mechanische Spannung: Dehnung oder Kontraktion erzeugen im Muskel eine mechanische Spannung, die bei überschwelligen Reizen zelluläre und molekulare Signalkaskaden, vor allem den anabol wirkenden mTOR-Komplex, in Gang setzt und in einer erhöhten Proteinbiosynthese resultiert (auch Mechanotransduktion genannt).
  • Mikroverletzungen des Muskels: Exzentrische oder ungewohnten Bewegungen können zu kleinsten Strukturschädigungen im Muskelgewebe führen. Es wird eine Entzündungsreaktion ausgelöst, Entzündungsmediatoren (z.B. Zytokine) und Wachstumsfaktoren (u.a. IGF-1) werden ausgeschüttet und die geschädigte Muskelfaser wird repariert. Eine mit der Verletzung einhergehende Ödembildung wird mit erhöhter Schmerzempfindlichkeit assoziiert.
  • metabolischer Stress: Die bei intensivem Krafttraining anfallenden anaeroben Metaboliten werden von chemosensitiven Rezeptoren registriert und verursachen über den Hypothalamus eine Ausschüttung von Wachstumshormonen (u.a. IGF-1, Testosteron). Diese biochemische Veränderung führt über den mTOR-Komplex zu einer Aktivierung der Proteinbiosynthese. Ein weiterer Anpassungsmechanismus verläuft über hydrostatische Veränderungen im Muskel. Submaximale Muskelarbeit führt unter anderem zu einer kapillaren Kompression mit zusätzlicher Flüssigkeitsanreicherung in den Muskelzellen und einem damit einhergehenden veränderten hydrostatischen Druck. Diese Druckveränderung wird von Volumensensoren registriert und resultiert ebenfalls in einer Zunahme der Proteinbiosynthese.

Hyperplasie ist die Erhöhung der Muskelfaseranzahl, die durch eine Vermehrung der Satellitenzellen zustande kommt. Der Anstieg der Muskelmasse durch Hyperplasie nach mehrmonatigem Krafttraining ist nach aktuellem Wissensstand zu vernachlässigen. Welche Rolle die Hyperplasie bei mehrjährigem Krafttraining oder bei der Einnahme von anabolen Steroiden hat, ist bisher ungeklärt (Wackerhage et al., 2018).

B.3 Anpassungen des Bindegewebes

Knochen, Sehnen, Bänder, Knorpel und Faszien zählen zum Bindegewebe. Mechanische Kräfte können eine Verformung bestimmter Bereiche des Skeletts verursachen. Im Knochen können Biege-, Druck- oder Torsionskräfte durch muskuläre Einwirkung auf die Sehnenansätze entstehen. Als Reaktion auf die mechanische Belastung wandern knochenbildende Zellen (Osteoblasten) an die Knochenoberfläche und beginnen mit der Knochenbildung. Osteoblasten produzieren in erster Linie Kollagenmoleküle, die in den Zwischenräumen der Knochenzellen eingelagert werden und die Festigkeit erhöhen. Die Knochenneubildung erfolgt vorwiegend an der Außenfläche des Knochens, wodurch der Knochen an Durchmesser und Festigkeit gewinnt. Ähnlich zu den Osteoblasten fungieren die Fibroblasten bei Sehnen, Bändern, Knorpel und Faszien. Adaptationen des Bindegewebes an die entsprechende Belastung finden nicht nur durch Krafttraining statt, sondern auch durch Schnelligkeits- und Ausdauertraining, wobei die mechanische Last der entscheidende Faktor für Anpassung ist.

C. Adaptationen an Ausdauertraining

Das Training der Ausdauer bewirkt akute Reaktionen des Körpers, die sich bei regelmäßiger Durchführung in chronischen Anpassungen manifestieren und auf verschiedenen Ebenen vollziehen (Hanakamm & Ferauti, 2020):

  • morphologisch (Herzvolumen, Knochendichte)
  • kardiozirkulär (Ökonomie Herztätigkeit, Herzratenvariabilität)
  • metabolisch (Insulinsensitivität)
  • hämatologisch (verbesserte Fließeigenschaften)
  • endokrinologisch
  • vegetativ
  • immunologisch

Prinzipiell sollte zwischen leistungsphysiologischen und präventiven Aspekten unterschieden werden. Während bei Leistungssportlerinnen die Steigerung der maximalen Sauerstoffaufnahme und die Verbesserung der Laktat-Pufferkapazität im Vordergrund steht, ist bei der Gesundheitssportlerin beispielsweise die Ökonomisierung der Herzarbeit oder Senkung des Blutdrucks aus präventiver und gesundheitsphysiologischer Sicht relevanter (Müller & Bleistein, 2022).

Im Unterschied zum Krafttraining ergeben sich die Adaptationen des Ausdauertrainings primär aufgrund des langanhaltenden erhöhten Sauerstoffbedarfs. Die Elemente der Sauerstofftransportkaskade bestimmen die maximale Sauerstoffaufnahme der Sportlerin, welche durch Training um 30-40 % gesteigert werden kann (Hanakamm & Ferrauti, 2020). In Abbildung 2 sind einige physiologische Adaptationen, die durch Ausdauertraining auftreten können, dargestellt.

Abbildung 2: Beispiele für physiologische Anpassungen an Ausdauertraining (nach Hough, 2021)

C.1 Mitochondrien, Muskulatur und Stoffwechsel

Mitochondrien werden als die Kraftwerke der Zelle beschrieben und ihre Neubildung ist der zentrale Adaptationseffekt von Ausdauersportlerinnen. Eine langandauernde metabolische Störung aktiviert eine Reihe von Signalkaskaden, welche zu einer mitochondrialen Biogenese führen. Ein entscheidendes Regulatorprotein ist das PGC-1α, welches bei der Steuerung der mitochondrialen Biogenese beteiligt ist. PGC-1α registriert unter anderem eine Abnahme des ATP-Gehalts, wodurch AMPK aktiviert wird. AMPK ist als katabol wirkendes Enzym ein Gegenspieler zu mTOR, das den Körper vor einem zu großen Energiemangel schützt (Hoppeler, 2018).

Mehr Mitochondrien können mehr Energie bereitstellen, benötigen dafür allerdings auch mehr Sauerstoff, der über die Blutgefäße transportiert werden muss. Der menschliche Organismus reagiert auf einen erhöhten Sauerstoffbedarf in der Muskulatur mit einer vermehrten Kapillarisierung, die meistens der Biogenese von Mitochondrien vorausgeht. Bei regelmäßigem Ausdauertraining kann das Kapillarbett um mehr als 25% zunehmen (Hoppeler et al., 1985), wobei diese Effekte sowohl durch die Intervall- und Dauermethode als auch durch Hypoxie erreicht werden können (Hoier et al., 2014; Laughlin et al., 2008). Die erweiterte Kapillarisierung scheint je nach Belastung spezifisch für die jeweiligen Muskelfasern zu sein (Laughlin et al., 2008). Ausdauertraining führt nicht nur zu einer verbesserten Kapillarisierung, sondern auch zu einer Querschnittsvergrößerung der Arterien bei gleichzeitiger Verringerung der Wandstärke (Spence et al., 2013). Diese Aspekte werden unter anderem als Parameter für die Arteriengesundheit angesehen. Außerdem verbessert sich die Muskelfaserrekrutierung sowie die Muskelfaserverteilung zugunsten der hämoglobinreichen ST-Fasern.

C.2 Blut, Hämoglobin und Herz

Hämoglobin ist maßgeblich für den Sauerstofftransport zuständig und demnach ein limitierender Faktor der Sauerstoffaufnahme. Entscheidend ist der Hämoglobingehalt, der sich aus der Hämoglobinkonzentration und dem Blutvolumen zusammensetzt. Die Hämoglobinkonzentration ist nur mäßig trainierbar. Die besten Ergebnisse lassen sich durch Höhenexposition erzielen, wobei die Effekte beim Zurückkehren in normale Höhen nur kurzfristig anhalten (Heinicke et al., 2003; Schmidt, 2002). Das Blutvolumen lässt sich hingegen erheblich durch regelmäßiges Ausdauertraining verbessern (Heinicke, 2001). Mehr Blutvolumen optimiert die Flusseigenschaften des Blutes und ist bei Hochausdauertrainierten um 40-50 % höher im Vergleich zu Untrainierten (Hoppeler, 2018).

Das Herz reagiert auf Ausdauertraining zum einen mit einer linksventrikulären Vergrößerung und Hypertrophie der Herzwand und zum anderen mit einer erhöhten parasympathischen Aktivität des zentralen Nervensystems (ZNS), die sich in einer niedrigeren Herzfrequenz in Ruhe äußert. Diese Aspekte führen zu einem größeren Schlagvolumen und einer ökonomischeren Herzarbeit.

C.3 Lunge und Atmung

Die Lunge ist der Ort des Gasaustauschs, welcher grundlegend auf Ventilation, Perfusion und Diffusion basiert. In der Regel ist die Diffusionskapazität der menschlichen Lunge, also die Fähigkeit Sauerstoff aus der Luft an Erythrozyten zu binden, ausreichend hoch, laut aktueller Datenlage nicht trainierbar und stellt keinen limitierenden Faktor für die Ausdauerleistung dar (Hoppeler, 2018; Wagner, 2005). Dennoch kann sich durch eine koordinative Anpassungen der Atemhilfsmuskulatur im Training die Atemarbeit der Sportlerin ökonomisieren, was mit einer Optimierung der Ventilation einhergeht. Zudem kann sich die Sauerstoffaufnahme durch eine verbesserte Perfusion optimieren, indem die Alveolen vermehrt kapillarisiert werden.

D. Adaptation an Schnelligkeitstraining

Da viele Determinanten der Schnelligkeit (Muskelfaserspektrum, Reizleitungs-, Koordinations- und Muskelkontraktionsgeschwindigkeit) genetisch bedingt sind, entsteht der Eindruck, dass Schnelligkeit nicht oder nur wenig trainierbar sei. Dies kann jedoch aus trainingswissenschaftlicher Sicht nicht unterstützt werden. Die Schnelligkeitsleistung ergibt sich aus einem komplexen Konstrukt, auf welches durch sorgfältig ausgewählte Trainingsinhalte, -methoden und -mittel sowie Belastungsnormative Einfluss genommen werden kann (Weineck, 2019). Beispielsweise können die im Krafttraining erworbenen Fähigkeiten mittels Schnelligkeitstraining auf sportartspezifische Aufgaben übertragen werden (Beaudette & Brown, 2015).

„Jeder wird durch Schnelligkeitstraining schneller - aber nicht jeder wird durch Schnelligkeitstraining schnell.“ (Wiewelhove, 2020, S. 273)

D.1 Informatorische Schnelligkeit

Unter informatorischer Schnelligkeit fallen die Wahrnehmungs-, Antizipations-, und Entscheidungsschnelligkeit (Brack, 2002), also Schnelligkeitsaspekte, die auf Informationsverarbeitung basieren. Afferente sowie efferente Reizleitungs- und -verarbeitungsgeschwindigkeiten sind weitestgehend genetisch bedingt und daher kaum trainierbar. Dennoch können Reaktionszeiten über eine verbesserte Antizipationsschnelligkeit optimiert werden. Dieser Aspekt der sensorisch-kognitiven Leistungsfähigkeit zeigt sich vor allem bei Profisportlerinnen, die durch eine erfolgreiche Antizipation mehr Zeit zu reagieren haben. Selbst hochtrainierte Sportlerinnen scheinen, ihre sportartspezifische Reaktions- und Antizipationsschnelligkeit durch gezieltes Training verbessern zu können (Serpell et al., 2011). Zu diesem Zweck ist entscheidend, komplexe und anforderungsspezifische Trainingsformen zu verwenden, die möglichst den Wettkampfbedingungen entsprechen. In Mannschaftssportarten eignen sich hierfür vor allem Small-Sided-Games.

D.2 Motorische Schnelligkeit

Die meisten Adaptationen der motorischen Bewegungsschnelligkeit beruhen auf:

  • nervalen Anpassungen: intra- und intermuskuläre Koordination sowie optimierter Dehnungs-Verkürzungs-Zyklus
  • tendomuskulären Anpassungen:
    Muskelquerschnittzunahme
  • energetischen Anpassungen:
    vergrößerte ATP- und Kreatinphosphat-Speicher sowie optimierte enzymatische Kapazität der aeroben Energiebereitstellung

Elementare Schnelligkeit ist primär anlage- und entwicklungsbedingt und hängt vom Zusammenspiel der Steuermechanismen des ZNS und Nerv-Muskel-Systems ab. Die aktuelle, wenn auch begrenzte Forschungslage deutet darauf hin, dass eine positive Entwicklung der elementaren Schnelligkeit vor allem im Kindes- und Jugendalter erzielt werden kann (Oliver et al., 2013). Es gibt keine eindeutige Datenlage, ob die Schnelligkeitsleistung auch nach der Pubertät noch verbessert werden kann.

Müssen höhere Widerstände möglichst schnell beschleunigt werden (z.B. Sprintstart, Richtungswechsel), erhöht sich auch die Bedeutung der Kraftkomponente der Schnelligkeitsleistung. Die morphologisch-tendomuskulären Anpassungen entsprechen denen des Krafttrainings (s.o.).

Seitz et al. (2014) konnten zeigen, dass die Laufschnelligkeit nach einem schnelligkeits- und kraftorientierten Trainingszyklus verbessert werden konnte. Obwohl sich die Verbesserungen nur in einem Rahmen von 3-5 % bewegen, entsprechen diese einem Raumgewinn von über drei Metern auf hundert Metern. Dieser marginale Unterschied kann im Leistungssport einen eklatanten Unterschied ausmachen. Auch in Spielsportarten kann ein Zugewinn von wenigen Zentimetern über kurze Sprintdistanzen eine bessere Schlag-, Schuss-, Wurf oder Zweikampfposition ermöglichen. Im Breitensport sollten Trainerin und Sportlerin jedoch abwägen, ob das Kosten-Nutzen-Verhältnis lohnend ist.

Allgemein ist der Spielraum für Anpassungserscheinungen bei Schnelligkeitsformen, die komplex, antizipatorisch oder mit höheren Widerständen verbunden sind, größer als bei isolierten, elementaren oder einfach Schnelligkeitsleistungen. Den Transfer zwischen Trainingsübung und Zielbewegung sollte die Trainerin stets berücksichtigen (Wiewelhove, 2020).

Abbildung 3 zeigt Einflussgrößen auf die informatorische und motorische Schnelligkeit.

Abbildung 3. Einflussgrößen auf die informatorische und motorische Schnelligkeit (nach Wiewelhove, 2020)

E. Take Home Message

Unter Adaptationsfähigkeit wird die Plastizität der körperlichen Funktionssysteme verstanden. Das Hauptziel des Trainings ist, die sportliche Leistung mittels spezifischer Anpassungen zu verbessern. Dies erfordert eine sorgfältige Planung und Durchführung eines Trainingsprogramms, abgestimmt auf ein definiertes Ziel. Zatsiorsky et al. (2021) empfiehlt aus praktischer Sicht die folgenden vier Merkmale bei der Trainingsplanung zu beachten:

  • Adaptation
  • Overload
  • Spezifität
  • Individualisierung

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