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Training 4: Biomechanik
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Text: Anna Wargel | Sparring: Leon Cassian Hammer | Korrektorat: Judith Begiebing | Stimme: Friederike Niermann |

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Im Sprint

- Die Biomechanik beschreibt und erklärt Bewegungen und ihre Ursachen unter Berücksichtigung der biologischen Eigenschaften des menschlichen Körpers

- Biologische Faktoren, welche für die Biomechanik des menschlichen Körpers relevant sind, umfassen die Skelettmuskulatur, die neuronale Kontrolle, die Muskel-Querschnittsfläche, -Fiederung und -Länge sowie die Gelenkwinkelgeschwindigkeit, das Kraft-Masse-Verhältnis und die Körpergröße

- Die Mechanik gliedert sich in die Kinematik (deskriptive Beschreibung von Bewegung in Raum und Zeit) und Dynamik (Beschreibung der Ursachen von Bewegungen), letztere kann weiter in die Statik und Kinetik unterteilt werden

Wissen über Biomechanik ist wichtig für das Verständnis von menschlichen Bewegungen. Die Biomechanik sportlicher Bewegungen beschäftigt sich mit Bewegungen und Kräften von Körpern (Mechanik) unter Einbezug ihrer biologischen Eigenschaften (bio). Sie fokussiert sich auf die Mechanismen des Bewegungsapparats, die zusammenwirken, damit Bewegung entstehen kann. Die Kenntnis darüber, wie Körperbewegungen ausgeführt werden sowie das Wissen über Stressoren, die im Rahmen von Bewegungen auf das muskuloskelettale System wirken, erleichtert die Gestaltung eines sicheren und effektiven Trainings. Die Biomechanik ist für Sport, Rehabilitation, Prävention, Ergonomie sowie Orthopädie von großer Relevanz und hat das gemeinsame übergeordnete Ziel der Bewegungsoptimierung (Wick, 2013).

A. BIOmechanische Faktoren

Zunächst wird ein kurzer Überblick über die biologischen Faktoren der Biomechanik des menschlichen Körpers gegeben.

A.1 Skelettmuskulatur

Damit der Körper eine Bewegung generieren kann, um beispielsweise eine Hantel vom Boden aufzuheben, müssen die beiden Enden eines Skelettmuskels über Bindegewebe mit dem Knochen verbunden sein. An einer Bewegung sind in der Regel mehrere Muskeln beteiligt. Der Muskel, der die größte Beteiligung an der Bewegung hat, wird Agonist genannt. Alle weiteren beteiligten Muskeln, die bei der eigentlichen Bewegung involviert sind, zählen zu den Synergisten. Muskeln, die die Bewegung abbremsen oder verlangsamen, also der eigentlichen Bewegung entgegenwirken, werden als Antagonisten bezeichnet. Verkürzt sich der Muskel, so überträgt sich die Kraft über die Sehnen auf den Knochen und wirkt über einen Hebel auf das Skelettsystem. Ein Hebel kennzeichnet sich durch einen Kraftarm, einen Lastarm und einen Drehpunkt und hat direkte Auswirkung auf die Kraft- und Geschwindigkeitsübertragung. Setzt die Sehne einer Sportlerin weiter entfernt zum Drehpunkt des Gelenkes an, fällt es der Sportlerin leichter schwere Gewichte zu heben, da die Muskelkraft über einen längeren Hebelarm wirken kann und daher ein größeres Drehmoment um das Gelenk erzeugt wird. Gleichzeitig geht dieser mechanische Vorteil in puncto Maximalkraft mit einem Verlust an maximaler Geschwindigkeit einher. Um das Gelenk über einen bestimmten Bereich zu bewegen, muss der Muskel stärker kontrahieren im Vergleich zu einem Muskel, dessen Sehne näher an der Drehachse des Gelenkes ansetzt (für mehr Informationen siehe weiterführende Literatur).

A.2 Neuronale Kontrolle

Die maximale Kraftleistung des Muskels wird durch die neuronale Kontrolle gesteuert. Sie bestimmt, welche und wie viele motorische Einheiten an einer Muskelkontraktion beteiligt sind und mit welcher Frequenz die motorischen Einheiten erregt werden (intramuskuläre Koordination) (Chou et al., 2008). Grundsätzlich ist die Kraft größer, wenn:

  • mehr motorische Einheiten involviert sind (Rekrutierung)
  • die Frequenz der Aktionspotenziale schneller ist (Frequenzierung)
  • die motorischen Einheiten größer sind (mehr innervierte Muskelfasern je Motoneuron)

A.3 Querschnittsfläche der Muskeln

Die Kraft, die ein Muskel ausüben kann, ist vor allem von seinem Muskelquerschnitt abhängig und weniger von seinem Volumen. Angenommen zwei Sportlerinnen haben einen ähnlichen Körperfettanteil und den gleichen Bizepsumfang, sind aber unterschiedlich groß. Der Bizeps der größeren Sportlerin hat aufgrund ihres längeren Oberarms zwar ein größeres Volumen, dennoch weisen beide die gleichen Kraftwerte auf. Daraus lässt sich folgern, dass bei gleichen Kraftwerten die größere und schwerere Sportlerin weniger Möglichkeiten hat ihren Körper zu heben und zu beschleunigen. Wie bereits im Beitrag zur Adaptation beschrieben, kann durch Krafttraining sowohl die Kraft als auch der Muskelquerschnitt verbessert werden (Funato et al., 2000; McBride, 2016).

A.4 Muskelfaserausrichtung (Fiederung)

Ein weiterer Faktor, der sich auf die Kraftentwicklung des Muskels auswirkt, ist der Fiederungswinkel. Ein gefiederter Muskel hat Fasern, die schräg zur Sehne ausgerichtet sind. Der Fiederungswinkel entspricht dem Winkel zwischen Muskelfaser und der imaginären Linie zwischen Ursprung und Ansatz des Muskels. Gefiederte Muskeln haben mehr Sarkomere in paralleler und weniger in longitudinaler Anordnung. Dies ermöglicht dem Muskel eine stärkere Kraftentwicklung, allerdings haben sie auch eine geringere maximale Verkürzungsgeschwindigkeit als nicht-gefiederte Muskeln. Vice versa können weniger beziehungsweise nicht-gefiederte Muskeln besser hohe Geschwindigkeiten erzeugen. Die Fiederung eines Muskels hat außerdem Einfluss auf seine Fähigkeiten exzentrisch, isometrisch oder langsame konzentrische Kraft zu erzeugen. Obwohl der Fiederungswinkel teilweise von genetischen Faktoren bedingt ist, kann er dennoch durch Training modifiziert werden. Dies zeigt sich vor allem darin, dass Sportlerinnen mit gleich großen Muskeln Unterschiede in Kraft- und Schnelligkeit aufweisen (Scott et al., 1991; McBride, 2016).

Abbildung 1: Verschiedene Muskeltypen: a) parallelfaseriger Muskel, b) zweiköpfiger Muskel, c) platter Muskel, d) mehrbäuchiger Muskel, e) einfach gefiederter Muskel, f) doppelt gefiederter Muskel (Paulsen & Waschke, 2017, S. 34)

A.5 Muskellänge

Die größte Kraft kann ein Muskel generieren, wenn er sich in seiner Ruhelänge befindet. In diesem Zustand liegen die Aktin- und Myosinfilamente nebeneinander, sodass die maximale Anzahl von Myosinköpfchen an das Aktinfilament andocken können (siehe Abb. 2).

Abbildung 2: Schematische Darstellung der Interaktion zwischen Aktin- und Myosinfilamenten in a. Ruhelage, b. Kontraktion und c. Dehnung des Muskels (McBride, 2016).

A.6 Gelenkwinkelgeschwindigkeit

Im Folgenden sind die drei grundlegenden Arbeitsweisen der Muskulatur aufgelistet:

  • Konzentrische Muskelaktivität: Der Muskel verkürzt sich, weil die kontraktile Kraft größer ist als der Widerstand (z.B. schwimmen, laufen, Bizepscurl: Weg von der Extension zur Flexion).
  • Exzentrische Muskelaktivität: Der Muskel verlängert sich, weil die kontraktile Kraft geringer ist als der Widerstand (z.B. Landungen nach Sprüngen, Bizepscurl: Weg von der Flexion zur Extension).
  • Isometrische Muskelaktivität: Die Muskellänge bleibt unverändert, da die kontraktile Kraft genauso groß wie der Widerstand ist (z.B. alle isometrischen, gehaltenen Übungen, z.B. Wallsit).

Gemäß der Kraft-Geschwindigkeits-Beziehung nimmt die Kraft bei zunehmender Kontraktionsgeschwindigkeit von konzentrischen Übungen stetig ab, während die Kraft bei exzentrischen Übungen ansteigt (Alcazar et al., 2019). Die größte Muskelkraft kann also bei exzentrischen Übungen erreicht werden. Wenn zum Beispiel bei einem Bizepscurl die konzentrische Kapazität der Athletin ab einem bestimmten Punkt (meist um die 90° Beugung) nicht mehr ausreicht, versucht sie, den kritischen Punkt zu umgehen, indem sie einen Teil der zu überwindenden Strecke mit dem Oberkörper ausgleicht, während sie die Hantel isometrisch hält und dann die Bewegung konzentrisch fortsetzt.

A.7 Kraft-Masse-Verhältnis

Das Kraft-Masse-Verhältnis einer Sportlerin spiegelt direkt ihre Möglichkeit wider, ihren Körper zu beschleunigen und spielt aus diesem Grund vorwiegend in Sportarten mit hohem Sprint- oder Sprunganteil eine bedeutende Rolle. Wird die Körpermasse durch Krafttraining erhöht, muss sich auch der Kraftzuwachs im gleichen Verhältnis erhöhen, um ähnliche Ausgangswerte bezüglich der Sprintfähigkeit aufrechtzuerhalten. Ebenso ist das Kraft-Masse-Verhältnis in Sportarten mit Gewichtsklassen von Bedeutung. In diesem Fall ist es erstrebenswert, die geeignete Gewichtsklasse zu finden, in der die Kraft der Athletin im Vergleich zu anderen Athletinnen derselben Gewichtsklasse am größten ist.

A.8 Körpergröße

Kleinere Athletinnen sind auf das Gewicht relativiert, oft stärker als größere, da bei steigender Körpergröße die Körpermasse schneller zunimmt als die Muskelkraft. Eine gängige Methode, um die Leistung von Sportlerinnen verschiedener Gewichtsklassen zu vergleichen, besteht darin, das gehobene Gewicht durch das Körpergewicht zu teilen. Diese Berechnung berücksichtigt allerdings nicht die ungünstige Entwicklung des Kraft-Masse-Verhältnisses bei zunehmender Körpergröße (McBride, 2016). Formeln, die diesen Fehler zu vermeiden versuchen, werden ausführlich in der Arbeit von Cleather (2006) diskutiert.

B. bioMECHANISCHE Faktoren

Die Mechanik ist eine Teildisziplin der Physik und kennzeichnet sich durch die Beschreibung und Differenzierung von Ursache und Wirkung von Bewegungen. Die Mechanik kann untergliedert werden in die Kinematik und die Dynamik (Wick, 2013).

B.1 Kinematik

Ziel der Kinematik ist die deskriptive und objektive Beschreibung von Bewegung in Raum und Zeit. Dabei werden die kausalen Zusammenhänge zwischen Kräften und Kraftwirkungen nicht berücksichtigt. Primär werden die Bewegungen mittels Geschwindigkeit und Beschleunigung (physikalische Größen) beschrieben. Da Bewegung im mechanischen Sinne eine Ortsveränderung des Körpers während einer bestimmten Zeitdauer darstellt, ist ein räumliches Referenzsystem notwendig. Solche Bezugssysteme können ein-, zwei- oder dreidimensional sein. Zudem haben sich die anatomischen Ebenen Sagittalebene, Transversalebene und Frontalebene zur Beschreibung der körperlichen Bewegung als hilfreich erwiesen (siehe Abb. 3).

Abbildung 3: Die drei Körperebenen (aus der Fünten et al., 2013)

Für eine weitere Charakterisierung werden Bewegungen in ihren Dimensionen der Form und Zeit differenziert. Aus der Perspektive der Form können Bewegungen translatorisch (geradlinig), rotatorisch (drehend) und kombiniert (translatorisch + rotatorisch) sein. Die translatorische Kinematik wird durch Positionsveränderungen (Strecke, Geschwindigkeit, Beschleunigung) in Abhängigkeit von der Zeit beschrieben. Im Blick auf die zeitliche Perspektive unterteilen sich Bewegungen in ungleichförmig (z.B. Brustschwimmen) oder gleichförmig (z.B. Laufen). Die rotatorische Kinematik wird durch Bewegungen um eine Drehachse durch absolute und relative Winkel bestimmt. Jede Bewegung äußert sich also durch eine Rotation in einem Gelenk und erst aus der Summe mehrerer Gelenkdrehbewegungen kann sich eine geradlinige Bewegung des gesamten Körpers ergeben (Brauner, 2022; Wick, 2013).

B.2 Dynamik – Kinetik

Die Dynamik dient als erklärende Wissenschaft – sie beschreibt und definiert die Ursachen von Bewegungen aufgrund der einwirkenden Kräfte. Formal wird die Dynamik in Statik, die Lehre vom Gleichgewicht der Kräfte, und Kinetik, die Lehre von Bewegungen durch Kräfteungleichgewichte, unterteilt. Im Folgenden wird überwiegend auf die Kinetik eingegangen.

Jede Bewegung wird von einer Kraft verursacht. Über Richtung, Amplitude und Kraftangriffspunkt lässt sich die Kraft als ein Vektor definieren. Ob sich eine Bewegung translatorisch oder rotatorisch äußert, wird über den Kraftangriffspunkt bestimmt. Liegt der Angriffspunkt der Kraft im Körperschwerpunkt, entsteht eine Translation, hat der Angriffspunkt einen Abstand zum Schwerpunkt, ergibt sich eine Rotation. Die Summe aller wirkenden Kräfte ist null, wenn sich die Sportlerin in Ruhe oder in einer gleichförmigen Bewegung befindet. Grundsätzlich werden wirkende Kräfte in äußere und innere Kräfte untergliedert. Innere Kräfte entstehen im Körper der Sportlerin, allen voran die Muskelkraft. Äußere Kräfte sind all jene, die von außen auf den Körper wirken. Sie können positiv (unterstützend) wie negativ (behindernd) sein. Reibungs- und Trägheitskraft können als innere und äußere Kräfte auftreten. Zu den äußeren Kräften zählen:

  • Widerstandskräfte (z.B. Luft, Wasser)
  • Reibungskräfte: Treten immer dann auf, wenn sich zwei Körper berühren und dabei Bewegung entsteht (z.B. Steigerung der Haftreibung durch Spikes beim Sprinten, Minimieren der Roll- und Gleitreibung durch Wachsen der Ski).
  • Bodenwiderstandskraft: der Körper in Wechselwirkung mit der Erde (z.B. Stützphase beim Gehen)
  • Trägheitskräfte
  • Schwerkraft/Gravitation: zum Erdmittelpunkt gerichtet

Bei allen Bewegungen des Menschen wirken die drei Newtonschen Kraftgesetze (Wick, 2013):

  • Trägheitsgesetz: Trägheit ist definiert als die Eigenschaft eines Körpers, seinen Bewegungszustand beizubehalten. Das Trägheitsgesetz besagt, dass ein Körper in Ruhe oder in gleichförmiger Bewegung verbleibt, bis er durch eine Kraft gezwungen wird, seinen Zustand zu ändern.
  • Beschleunigungsgesetz: Das zweite Newtonsche Axiom beschreibt den Zusammenhang und die Abhängigkeit zwischen Kraft, Masse und Beschleunigung und gilt als Grundgesetz der Mechanik. Es besagt, dass die Änderung des Bewegungszustandes proportional zur einwirkenden Kraft ist und entlang der Wirkungslinie der Kraft verläuft.
  • Gegenwirkungsgesetz: Damit ein Körper eine Bewegung erzeugen kann, braucht er immer einen zweiten Körper. Eine Sportlerin kann während eines Weitsprunges zwar zusätzliche Laufschritte machen, aber die Flugphase verlängert sich dadurch nicht und das, obwohl sich die Sportlerin durch einen zweiten Körper (Luft) bewegt. Die Luft hat jedoch eine so geringe Dichte bei gleichzeitig geringer Fluggeschwindigkeit der Sportlerin, dass es zu keiner wirksamen Wechselbeziehung kommt. Das dritte Newtonsche Gesetz besagt, dass die Wirkung zweier Körper aufeinander immer gleich groß und entgegengesetzt gerichtet ist.

Für ein effektives und ökonomisches Techniklernen im Sport, bilden die Kenntnisse über diese drei Gesetze eine gute Grundlage.

C. Wann ist Biomechanik wichtig?

Die ersten beiden Teile sollten einen kurzen Einblick in die Theorie der Biomechanik geben. Für ein tieferes Verständnis in die Biomechanik kann die untenstehende Literatur als Orientierungshilfe dienen. Im Folgenden sollen Anregungen für den Praxistransfer gegeben werden, ohne dabei Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben.

C.1 Aktivitäten mit hoher Belastung

Biomechanik ist insbesondere dann wichtig, wenn eine äußere Belastung die Fähigkeit des Gewebes übersteigt, Belastungen zu tolerieren und es aufgrund dessen zu Verletzungen kommt. Somit nimmt die Bedeutung des biomechanischen Wissens und deren Umsetzung zu, wenn die einwirkenden Kräfte hoch sind. Die einwirkenden Kräfte können beispielsweise durch zusätzliches Gewicht (Krafttraining), durch eine große Absprunghöhe (Parcours) oder durch andere Trainingsgeräte (Ski) zustande kommen.

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Wird beispielsweise das Kreuzband überlastet, kommt es zu einer Ruptur. Viele Menschen können jedoch bei geringer Belastung trotz Knievalgus, welcher einen Risikofaktor für Kreuzbandrupturen darstellt, problemlos Sport treiben. Selbst ein großer Impact muss bei einem Knievalgus nicht zwangsläufig zu einer Kreuzbandverletzung führen, wenn die Knieflexion mehr als 25° beträgt. Die Forschung zeigt, dass die biomechanische Variable Kraft vor Kreuzbandrupturen schützen kann, auch wenn eine andere biomechanische Variable (z.B. Technik oder Vorbereitung) suboptimal auf eine bestimmte Struktur einwirkt. So konnte im Rahmen des FIFA-11 Injury Prevention Program eine Reduzierung der ACL-Verletzungen nachgewiesen werden, obwohl keine Veränderung der Gelenkkinematik/Technik nachgewiesen werden konnte (Zebis et al., 2016).

C.2 Leistung

Steht die Leistung für die Sportlerin im Vordergrund, ist Biomechanik ebenfalls von entscheidender Bedeutung. Denn die Art und Weise, wie sich die Sportlerin bewegt, hat einen großen Einfluss auf ihre Leistung (Bewegungsqualität). Möchte eine Läuferin ihre Leistung verbessern, so profitiert sie davon, wenn sie ihre Bewegungsökonomie und -effizienz optimiert.  Über die Bewegungskoordination kann eine Läuferin Einfluss auf diese Parameter nehmen und ihre Bewegungsabläufe so gestalten, dass sie mit möglichst geringem biomechanischen, physiologischen und mechanischen Energieaufwand ihre Laufeinheiten absolvieren kann.

C.3 “Perfekte” Technik, Regeneration und Adaptation

Greg Lehman versteht unter Bewegungsqualität nicht die eine “ideale” Bewegungsausführung, sondern die Möglichkeit eine Bewegungsaufgabe auf unterschiedliche Weise zu lösen. Dadurch werden verschiedene Strukturen belastet, es entsteht in Summe eine geringere Last je Struktur und der Regenerationsbedarf sowie -zeitraum minimiert sich. Darüber hinaus sind für Trainingsadaptionen nicht nur die Aspekte des Trainings, sondern auch der Regeneration entscheidend.

Das Verhältnis zwischen akuter und chronischer Arbeitsbelastung zeigt, dass große Veränderungen akuter Belastungen toleriert werden können, wenn dieser akuten Belastung eine konsistente und progressive Adaptation an den Workload beziehungsweise Stressoren vorausgegangen ist. Allerdings sollte berücksichtigt werden, dass die Geschwindigkeit der Adaptation und die Adaptationsfähigkeit selbst begrenzt sind. Übersteigt die biomechanische Belastung das, was die Sportlerin gewöhnt ist, so steigt das Verletzungsrisiko. Zudem sollte der Einfluss von psychosozialen Stressfaktoren beachtet werden. Eine gute Übersicht hierzu bildet die folgende Grafik in Anlehnung an Soligrad et al. (2016).

C.4 Vorübergehende Bewegungsänderungen zur Desensibilisierung beziehungsweise Unterbrechung der Bewegungsgewohnheit

Bei akuten Schmerzen wird oft empfohlen, eine vorläufige Trainingspause einzulegen. Manchmal kann aber auch eine Modifikation der schmerzhaften Bewegung ein Lösungsansatz sein, damit die Patientin weiterhin ihren Alltag bewältigen kann. Bei der Beantwortung der Frage, ob eine Pause (Entfernen des schmerzauslösenden Stimulus) oder Bewegungsmodifikation (neuer Stimulus für positive Adaptation) der Patientin besser helfen könne, müssen neben biomechanischen auch psychische und soziale Faktoren sowie deren gegenseitige Beeinflussung berücksichtigt werden. Vor allem die Dosierung scheint eine entscheidende Variable zu sein, wobei sowohl die Pause als auch die Symptommodifikation Gefahren mit sich bringen können. Schließlich will die Therapeutin der Patientin nicht das Gefühl vermitteln, dass sie bestimmte Bewegungen und Tätigkeiten nicht oder nur in einer vorgegebenen Art und Weise ausführen darf, bevor sie eine Tätigkeit beginnt. Es ist wichtig, deutlich zu machen, dass es sich bei der Bewegungsänderung nur um eine temporäre Änderung handelt, damit die Patientin ihre gewünschten Aktivitäten durchführen kann (z.B. bei akuten Rückenschmerzen vorübergehend mit geradem Rücken heben).

Die Komplexität des menschlichen Körpers spiegelt sich auch in der Biomechanik wider. Ein grundlegendes Verständnis der Biomechanik menschlicher Bewegungen ist vor allem dann wichtig, wenn hohe Belastungen auftreten oder die Leistung optimiert werden soll. Auch im therapeutischen Bereich ist es von Vorteil, die Zusammenhänge zwischen mechanischen Kräften und Bewegungen zu verstehen. Dabei ist das Gesamtkonstrukt Mensch mit seinen emergenten Eigenschaften unter Berücksichtigung vieler Einflussgrößen zu betrachten.

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